Gewahrsein ist eigentlich unmöglich so zu beschreiben, dass wir es ohne es selbst zu erleben verstehen oder einordnen können.
Das liegt daran, dass Gewahrsein etwas meint, das nicht gedanklich abgebildet werden kann. Es entzieht sich dem rationalen Verständnis. Es kann von ausnahmslos jedem erlebt werden, weil es unser aller ureigenstes Sein in der Essenz ist, nur begrifflich erfassen lässt es sich kaum. Dennoch mag ich eine Annäherung daran in ein paar Zeilen zu schildern:
Die (bewusste) Wahrnehmung ist = Bewusstsein, und ist das was jeder -auch der unerwachte-Mensch bzw. der sich seines ErwachtSEINS nicht bewusst ist, permanent in seinem Alltag erfährt.
Nämlich, sich z.B. dessen bewusst zu sein, dass das im Aufmerksamkeitsfokus befindliche Objekt bestimmte Eigenschaften hat. Z.B.: der Buntstift ist blau oder: die Ampel zeigt gerade rot an, ich muss also stehen bleiben, und Weiteres….D.h. alles was der Mensch bewusst wahrnimmt gehört in die Kategorie Bewusstsein und bewusste (selektive) Wahrnehmung, die von einem Subjekt ausgeht, das ein Objekt betrachtet! Also eine Subjekt-Objekt-Beziehung beinhaltet.
Gewahrsein ist etwas darüber hinaus, nämlich zum einen, die reine Wahrnehmung ohne einen derart fixierten Fokus auf etwas Bestimmtes, ohne dass der Verstand einschließlich damit befasst ist, das Wahrgenommene einzuordnen und zu kategorisieren und zum anderen, dem Objekt eine konditionierte Wertung oder Be-Deutungen beigemessen wird. Und wenn das dennoch geschieht, wird es im reinen Gewahrsein sogleich als Solches erkannt.
Wenn wir also eine rote Rose sehe, dann wissen wir zwar, dass es sich um eine Rose die rot ist handelt, aber wir “verlieren” uns bzw. verfalle nicht mehr in die Bedeutungsgebung. Normalerweise geht der Verstand dann nämlich mit, in Richtung Bewertungen und Definitionen und daraus konstruierten Schlussfolgerungen.
Daher sprechen auch viele von einer Urteilsfreiheit die sie im Gewahrsein erleben.
Es wird zwar gewusst was (es) ist oder was gesehen wird, aber der nächste, einst, automatisierte Schritt ins Definieren und be-ur-teilen dessen was gesehen/erlebt wird fällt aus.
REINES Wahrnehmen = Gewahrsein, ohne dem Wahrgenommenen etwas überzustülpen.
Hier verschwimmen bzw. verschmelzen Subjekt und Objekt in-und miteinander!
Das heißt nicht, dass man sich jetzt nur noch an der Oberfläche des Geschehens bewegt, und weiter nichts mitbekommt, was ja zunächst mal so klingen könnte, sondern, dass sich eine Verschiebung vom verengten linearen Denken hin zu einer viel weiteren eher rechtshirnlastigen Wahrnehmung vollzogen hat.
Wir propfen sozusagen allem was wir wahrnehmen etwas Altes auf, etwas das wir gelernt haben, das wir gewohnt sind und tief verinnerlicht haben, und zu einem ziemlich verengten Blickwinkel führt.
Im Gewahrsein werden diese innerlichen, ansonsten sehr unbewussten Vorgänge registriert, weshalb wir nicht mehr darauf beschränkt sind, sie weiterhin automatisiert zu glauben. Damit wird der Blick auf das was jeweils wirklich in seiner neutralen, tatsächlichen Form da ist, was wirklich stattfindet freier, und nicht mehr durch jene Überlagerungen versperrt.
Wir bemächtigen uns nicht mehr der Wirklichkeit und verzerren damit ihren eigentlichen Gehalt, sondern be-lassen die Dinge und nehmen sie in ihrer ursprünglichen puren und tatsächlichen Form frei von unseren subjektiven Eingrenzungen wahr, ohne etwas (persönliches) von uns selbst hineinzulegen.
Es mag im Anschluss aus dem gedankenleeren Raum des Gewahrseins dennoch eine Reaktion oder Antwort auf das Jeweilige erscheinen, aber die bezieht sich eben nicht mehr auf unsere eigenen Verzerrungen der Wirklichkeit.