01633718036 / info@paradoxa.life

Siam Borjini

Transformiere Deine Trigger und Vergebung wird zu einem unnötigen Konzept.

Die folgende Beschreibung ist im Gewahrsein am einfachsten umzusetzen, denn Gewahrsein ermöglicht nicht nur eine Distanz zu allem, was sich unangenehm oder bedrohlich anfühlt, sondern verankert uns zugleich, zur Lösung all dessen in seiner heilsamen Kraft und Wirkung im Körper-Spürbewusstsein im Hier und Jetzt.

Alle Konzepte behindern den Moment so pur zu erleben wie er sich -frei von Überlagerungen, wie Konzepte, Glaubensätze etc.- zeigt.

Das Wissen darum, dass jede Tat, auch die Unmenschlichste, stets ein Ausdruck des Lebens ist, oder sonstige absolute Wahrheiten, nehmen keinesfalls den Schmerz den Taten/Nicht-Taten aus Kindertagen oder sonst wann auslösen können. Dieses Wissen kann jedoch ein Tor dazu sein, sich nicht weiter in den Geschichten zu verlieren, und stattdessen unmittelbar die Gefühle und Regungen in mir wahrzunehmen und zu fühlen was das Geschehene oder der jeweilige Moment in mir aktuell auslöst.

Dabei entziehe ich den Geschichten meine Aufmerksamkeit und lenke sie stattdessen in den Körper, wo ich bewusst im sog. Spürbewusstsein verweile.
Nun gilt es zu fühlen was geschieht, was auftaucht ohne sich von Gedanken (z.B. über das Ereignis, die involvierten Menschen) aus dieser Selbstverbindung, dem Körpererleben wegtragen zu lassen. Geschieht dies doch, lenke ich meine Aufmerksamkeit wieder zurück in den Körper-„Raum“ (der genau genommen, über die Körpergrenzen hinaus reicht), bis das, was in mir stattfindet sich erlöst hat und Frieden und Stille übrig bleiben. Dann gibt es nichts mehr zu vergeben, weil es in uns keine Tendenzen mehr zu Beschuldigungen, Verurteilungen oder Anklage mehr gibt. Der Anlass bzw. Trigger dazu hat sich in Frieden und Wohlsein aufgelöst.
Wir erkennen, dass es nichts zu vergeben gab, denn das Problem bestand einzig in uns, aus dem nicht integrierten Schmerz, der Enttäuschung, der Wut, dem Widerstand und der Ablehnung dieser, unserer inneren tieferen Reaktionen darauf. Sobald wir alle Aspekte in uns annehmen, löst sich sowohl der innere als auch der Konflikt mit dem Auslöser im Außen auf. Das ist das, was der natürliche Zustand des Gewahrseins leistet.

Je mehr Übung wir darin haben, desto einfacher funktioniert das. Ein weiterer Vorteil dabei ist, dass kaum noch Urteile über das, was auftaucht und gewesen ist, gefällt werden können, u. a. weil die Gedankenaktivität durch das unmittelbare Präsentsein im Körper wesentlich reduziert ist.

Je nachdem, worum es geht, kann es unterschiedlich lange dauern, bis etwas vollständig aus unserem System entlassen, integriert und/oder verarbeitet wurde. Immer wieder mag es einen äußeren oder inneren Trigger geben, der etwas in mir auslöst. Dann gilt es eben wieder das eben Besagte Gewahrsein bewusst zu vollziehen. Es ist eher ein Los-lassen, ein Sein-und Zu-lassen, als eine Übliche aktiv kontrollierte Handlungsmethode.

Im Grunde wird nämlich durch das Wiederkäuen bzw. die Identifikation mit den Geschichten (und dem ebenfalls gedanklich konstruierten Ich (darin) ) die Wurzel des ursprünglichen Schmerzes gewissermaßen umgangen und vermieden. Man ist auf subtile Weise von dem, was tatsächlich Hier und Jetzt ist ein stückweit abgelenkt, in einem Gedankengerüst mit den dazugehörigen ausgelösten Empfindungen gefangen.

So leidvoll dies auch sein mag, ist eben vieles durch besagtes Ich-/Geschichten-Konglomerat – das künstliches Leiden in Form konstruierter (ich nenne sie gern: Plastik-)Gefühle- ausgelöst, weshalb auch einige Therapieverfahren die sich einzig in diesem Modell der Persönlichkeitsstruktur bewegen, häufig zwar durchaus Linderung verschaffen, aber keine vollständige (Auf-)Lösung bewirken. Auch wenn es hier nicht explizit um Trauma geht, aber dabei kommen dann eben auch Ideen zustande wie z.B.: „Lernen mit Trauma zu leben.“ Nee, sinnvoller und befreiender für Menschen wäre: „Lerne Traumata vollständig aus dem System zu entlassen!“

Vergebung ist demnach aus dieser Haltung heraus kein anvisiertes Ziel, keine Regel, an die ich mich halte, weil es allgemein gut ist, zu vergeben oder weil ich es selbst für besser halte.

Randbemerkung: Oftmals meinen wir auch nur, dass wir bereits vergeben hätten, weil wir es uns vorgenommen haben oder einsehen, dass Vergebung besser ist, als nicht zu vergeben, während der Groll unbewusst immer noch in uns sitzen kann, da wir lediglich mental diese Entscheidung getroffen haben, die auf eine Einsicht beruht, jedoch nicht den tieferen Emotionalkörper mit nimmt – also der Teil, in dem die zu vergebende Verletzung viel stärker wirkt. Zu entscheiden, „ok, ich vergebe“ erreicht diesen oftmals nicht, insbesondere, wenn es sich um schwerwiegende Enttäuschungen und Verletzungen handelt.

Vergebung ist ein Nebeneffekt von Transformation und Integration statt primäres Ziel
Es geht also nicht um etwas, dass ich mir als gewissenhafter Mensch vornehme zu tun, weil ich es möchte und es vernünftig ist, sondern ist Vergebung das Resultat des hier beschriebenen Prozesses der vollständigen Selbstverbindung. Es ist ein zwangsläufiger Nebeneffekt, der sich durch diese Selbstverantwortung, davon, wie ich mit mir und dem Moment umgehe und ihn vollständig zu-lasse ganz ohne Absicht von selbst einstellt.
Im alles-Erlauben was Jetzt und Hier stattfindet und in mir auftauchen möchte (und d.h. alles darf sein, nichts muss(!) ), also in der totalen Präsenz im Körper und des Gewahrseins, braucht es keinerlei (Vergebungs-)Konzepte oder explizite Rituale und Affirmationen. Zumal hier der Körper und damit seine Weisheit bzw. jene des wahren tieferen Selbst bestimmt, was ansteht in die Lösung zu finden – nämlich das, was der jeweilige Trigger tatsächlich in uns auslöst und nicht nur das, was wir uns darüber denken und vorstellen ohne tief und vollständig mit uns selbst im Kontakt zu sein. Was gerade wirklich im Organismus als erstes nach Befreiung „ruft“ und welche Vorgänge zur Heilung/Lösung/Ganzwerdung benötigt werden. Zugleich können in dieser Selbstverbindung und organischen Präsenz unsere darin liegenden natürlichen Heilkräfte noch freier fließen, was diesen Vorgang so sinnvoll und vorteilhaft macht.
D. h. wir selbst sind paradoxerweise zugleich diese Heilkraft. Es ist gut, selbst-verbindend oder selbst-rück-anbindend und heilend, uns zur Angewohnheit werden zu lassen, einen Teil unserer Aufmerksamkeit stets im Körper zu belassen. Dieser kontinuierliche Selbstkontakt mag nicht immer angenehm sein, weil wir dann kaum noch etwas, dass im Hier und Jetzt aus den Tiefen unseres Unbewussten, beispielsweise als Reaktion auf einen Trigger im Außen, auftauchen mag, verdrängen (können). Aber kaum etwas ist so tiefenwirksam heilsam und daher, sofern es uns möglich ist, empfehlenswert, wie die echte, kompromisslose Selbstverbindung. Und dabei wird einem garantiert – so oder so- nie langweilig…

11.Juli 2016

Nach oben scrollen